Sonntag, September 02, 2007

Bill Shankley schweigt

Die vergangene Woche hat in der Welt des Fußballs tiefe Wunden hinterlassen. Natürlich sterben täglich Menschen, natürlich ist jeder Tod für die Betroffenen tragisch, aber die Ereignisse in dieser Woche sagen für mich etwas mehr aus. Sie zeigen, dass Leute im Fußball eben doch, wenn es drauf ankommt, ein Gespür für Stil haben, was sich nicht immer in anderen Bereichen des Lebens finden lässt.

Am Samstag vor einer Woche starb der englische Juniorennationalspieler Ray Jones bei einem Autounfall. Das für diesen Tag angesetzte Spiel seiner Queens Park Rangers beim Burnley FC wurde natürlich abgesagt. Burnley reagierte spontan darauf und hielt ein Schautraining ab, dessen Einnahmen komplett an eine karitative Einrichtung nach Wahl des eigentlichen Gegners gingen. So was ist keineswegs selbstverständlich und zeigt meines Erachtens spontanes Taktgefühl. Noch erstaunlicher war es für mich als ich die Bilder des Spiels heute in Southampton sah. Für all die Kritik, die Fußballverbände oft zu Recht bekommen, in dem Fall hat die englische Liga alles richtig gemacht. Das gesamte Team durfte mit „Ray Jones“ auf dem Rücken anstelle des eigenen Namens auflaufen. Sah sehr ergreifend aus und hatte auf jeden Fall als Abschied Stil.

Was mich wahrscheinlich noch mehr beeindruckt hat, war wie man in Liverpool auf den tragischen Tod eines 11-jährigen Everton-Fans reagiert hat. Rhys Jones wurde am Mittwoch vor einer Woche auf dem Parkplatz eines Pubs erschossen, als er zwischen die Fronten eines Bandenkriegs geriet. Letzten Samstag reagierte Rhys’ Lieblingsverein damit seiner im Stadien zu gedenken. Doch nicht, wie üblich, mit einer Schweigeminute, sondern mit einer Minute Applaus. Herzergreifende und so unglaublich passende Idee. Niemand konnte das Gedenken versehentlich oder absichtlich stören und der oft heuchlerisch wirkende Bruch von Schweigeminute zu Anfeuerung fällt auch weg. Doch auch Evertons Lokalrivale ehrte den kleinen Fußballfan und die Reaktion hat mich noch mehr begeistert. Liverpool spielte vor dem Champions League Quali-Match gegen Toulouse tatsächlich Evertons Vereinshymne. Meiner Meinung nach die beste Reaktion und ein untrügliches Zeichen, dass die Stadt geschlossen gegen die Umstände steht, die für den Tod des Jungen verantwortlich sind.

Ähnlich vereinend war, was Antonio Puertas Tod in Sevilla ausgelöst hat. Puerta war sicherlich der bekannteste Fall der letzten Woche. Es ist ein wenig seltsam, wie manche Dinge einen mehr treffen als andere. Bei Puerta hat die eigentlich belanglose Tatsache, dass er in einem Spielstand beim Sega Fußball-Manager in meiner Mannschaft war, dafür gesorgt, dass ich etwas länger über der Nachricht verweilt bin. So waren die Bilder aus Sevilla unglaublich beeindruckend. Es war dort in diesem Moment völlig unerheblich, ob man den FC Sevilla oder Betis unterstützt; zwei Vereine, die wie selten anderswo in einer Stadt immer noch mit den Etiketten Oberschicht und Arbeiterklasse verbunden sind. So wie nach Superga ganz Turin zusammenrückte und nach München ganz Manchester trauerte, stand man gemeinsam in den Farben des jeweiligen Vereins vor dem Krankenhaus oder dem Stadion und hat das Leben eines 22-jährigen gefeiert, indem man seinen Namen immer und immer wieder rief. Alle Animositäten waren vergessen.

Jeder von uns, der den Fußball fanatisch verfolgt hat irgendwann mal gesagt, dass Fußball mehr als ein Spiel sei. In solchen Momenten merken wir zumindest, dass es wichtigeres gibt, dass Animositäten im Sport eben auf dem Feld bleiben und nichts zählen. Bei aller Kritik die Fußballfans (auch von mir) einstecken müssen, dafür das sie Idioten sind, in dieser Woche war ich stolz Fußballfan zu sein..

Mittwoch, August 08, 2007

Werbung

Ausnahmsweise mal ganz plumpe Werbung für einen meiner Artikel:

Sechs Wochen Dorf, Schweiß und Training – Der 1. FC Nürnberg in der Saisonvorbereitung

21. Juni – Fünf Tage bis zum Trainingsbeginn

Betritt man die Pressestelle des amtierenden DFB-Pokalsiegers, beschleicht den Besucher das Gefühl, die Geschäftsstelle eines ostwestfälischen Dorftennisvereins betreten zu haben. Untergebracht ist die Pressestelle in einer Hälfte eines zurecht so bezeichneten Flachbaus. Nebenan ist das Büro des Nachwuchsleistungszentrums und ein Teil der Geschäftsleitung. All diese Büros sind völlig abgeschnitten von den operativen Vorgängen in der Geschäftsstelle, die sich 100 Meter entfernt befindet. Die eigentliche Pressestelle besteht aus einem Zimmer mit zwei Schreibtischen und einem Fernseher.

An der einen Wand hängen Spielankündigungsplakate der vorvergangenen Saison, an der anderen steht ein weißes Regal, das den Eindruck erweckt, als habe es den letzten Meistertitel des FCN erlebt. Das Fenster des Zimmers zeigt zum Trainingsplatz der ersten Tennismannschaft. Alles wirkt wie aus einer Zeit, als Trainer noch Übungsleiter hießen und die Trikots blank waren; die Infrastruktur hat mit dem rapiden Aufstieg des Vereins nicht Schritt gehalten. Sieht man sich um, ist man geneigt zu schließen, dass eine neue Geschäftsstelle wichtiger ist als ein neuer Mittelstürmer.

Es ist eine Woche vor Trainingsbeginn; der einzige hauptamtliche Mitarbeiter der Pressestelle hat sich zwei Tage Urlaub gegönnt. Somit liegt die Öffentlichkeitsarbeit in den Händen der Praktikantin ... (ganzen Artikel lesen)

Sonntag, Juli 22, 2007

Hype-rbel (Non-Football)

Marathon lesen schlaucht, v.a. wenn einen der Postbote nach 5 Stunden Schlaf aus dem Bett reißt. Durchgehalten hab ich trotzdem und an einem Stück durchgelesen. Fast obsessiv, wie eine Pflichtaufgabe, durch eine Müdigkeitsphase in der zweiten Halbzeit des Bremen-Bayern-Spiels hindurch. Dass es während der letzten Kapitel gewittert hat und ich mit meiner roten Lichtkugel gelesen hat, hat die Atmosphäre am Ende gefördert. V.a. weil durch das Rotlichtausgesetztsein, das Licht der Straßenlaternen grünlicher wird. Sehr passen, kann ich nur empfehlen.

Was bleibt? Außer Unterkühlungen, Speed-Readern, Preisschlachten und Großbritanniens eigener "rags to riches"-story? Die Erkenntnis, dass die Autorin auch im letzten Band ihre Analaogien platt wie eine kicker-Stecktabelle konstruiert? Die Erkenntnis, dass die Autorin - wie der neueste Film - das Tempo nicht trifft? Die Erkenntnis, dass die hintür zu einem achten Band nicht nur einen Spalt offensteht, sondern, dass dadurch ein ordentlicher Zug im ganzen haus herrscht? Oder doch die Erkenntnis, dass das Buch wieder spannend genug ist um drin einzutauchen, selbst wenn sich selbst aktiv und passiv gespoilert hat? Da kann ich nicht helfen: Read for yourself.

Ticker: Andere Lesempfehlungen: Jasper Fforde; Gary Imlach; Charlie Connelly ... Danke für diesen Hinweis an unseren Jo ... Die Hose an Mr. Cruise sieht aus wie ne Jogginghose ... Tschüß, Tomas ... LA Galaxy hat nur für Mr. Beckham das Trikot geändert ... bester Fußballpodcast (auf Englisch), den ich kenn.

Montag, Mai 28, 2007

Berlin, du bist so wunderbar, Berlin!

Selbst eine Woche nach dem Sieg im Olympiastadion fällt mir das Begreifen schwer. Obwohl ich den Pokal gesehen hab, Pinos Kopf darin verschwunden ist, 24 Kilo Konfetti durch die Luft flogen und auf der Anzeigentafel prangte "DFB-Pokalsieger 2007: 1. FC Nürnberg", schaff ich's erst so ganz langsam zu begreifen, dass aus dem dreimaligen DFB-Pokalsieger ein viermaliger DFB-Pokalsieger geworden ist, dass die ganzen Schals mit den Erfolgen veraltet sind und wir den Briefkopf ändern dürfen. Beim Abpfiff war der erste Gedanke: "Pokalsieger: So fühlt sich das also an." Es war definitiv ein Moment gemäß des Faustischen "Augenblick, verweile doch". Irgendwie auch ein Moment totaler geistiger Leere, da war nichts anderes als Freude im Kopf, sehr angenehm, hat definitiv Suchtpotential.

Dass der Pokal und damit auch sein Finale eigene Gesetze hat, ist so ausgelutscht, dass es nicht mal erwähnenswert ist. Nicht bewusst war mir, dass das auch für die Zuschauer gilt. Annette hab ich beim Fußball noch nie so abgehen sehen und auch ich bin glaub ich noch selten 120 Minuten fast nur gestanden und hab sooft wahrscheinlich auch nicht mitgesungen. Wobei sich das so ab dem 2:1 wieder relativiert hatte, da war eigentlich mehr Nervosität und ständiges auf die Anzeigentafel gucken angesagt, als Mitsingen. Die halbe Stunde zwischen 48. und 78. hatte was Bedrückendes. Mich beschlich immer mehr ein "Das zu verlieren wird höllisch weh tun"-Gefühl und anscheinend ging es vielen so, denn nach dem Stuttgarter Ausgleich war's irgendwie wieder lauter.

Ganz allgemein halten sich meine Erinnerungen an das Spiel irgendwie in Grenzen, das einzige, an was ich mich noch klar erinnern kann sind die Gedanken bei Kristiansens Schuss ("Der schießt, das sieht gut aus, der geht rein, DER GEHT REIN, DER IS DRIN!"), die Erinnerung an den Rest des Spiels besteht eher aus Zeitungsartikeln (erst nach der Lektüre von drei Sonntagszeitungen war ich mir sicher, dass das Spiel wirklich gut war und ich das nicht nur auf Grund meiner emotionalen Verwicklung so gesehen hab) und Youtube-Ausschnitten. Das Kristiansen-Tor hab ich glaub ich schon fünfzig Mal gesehen, man kann es aber gut und gerne fünftausend Mal ansehen, es wird nicht weniger schön dadurch. Überhaupt, Jan Kristiansen, Krölle, Ole oder auch "der Depp, der ko nix". Wunderbar passend, dass einer aus der zweiten Reihe "das Ding" macht und somit einen Platz in der Nürnberger Mythologie einnimmt. In 20 Jahren unter den nach dem 26.5.2007 geborenen (der Post-Pokal-Generation) wird sein Name immer noch fester Bestandteil sein, seine dreißig Spiele zuvor ohne Torerfolg vergessen. Vielleicht taucht er dann ja sogar in einer Choreo auf.

Dass das Pokalfinale das letzte Spiel der Saison war, ist wunderbar, ich könnte mir nicht vorstellen, wie nächstes oder letztes Jahr nach diesem Triumph noch mal in den Alltag zurückzumüssen. Jetzt ist also erst mal Pause, Sommerpause, fußballose Zeit. Na ja, eigentlich nicht wirklich, gibt ja U21-EM, UI-Cup, CL- und UEFA-Cup-Quali, Ligapokal, ja sogar eine DFB-Pokal-Runde bis zum Ligastart am 10.8. Wem das nicht reicht, der fährt halt nach Schweden oder Irland, oder Russland, dahin wo nach Kalenderjahr gespielt wird. Also: Man sieht sich in Göteborg.

Freitag, Mai 25, 2007

Always already written

In der Literaturtheorie gibt es einen Begriff des Theoretikers Roland Barthes, der auch über Wrestling ein Werk verfasst hat. Er spricht davon, dass es keine originäre, neue Literatur gibt, da alles "always already written" sei. Jeder Satz schon einmal gesagt, jeder Gedanke schon einmal gedacht. In Zustimmung zu dieser These mache ich mir keine Illusionen, dass irgendwelche Gedanken, die ich im Bezug auf das morgige "große Spiel" habe oder äußere, völlig neu sind und den geneigten Leser in ihrer Einsichtskraft erschlagen werden. Nein, jeder Anhänger jedes Finalteams hofft am Tage zuvor auf den Sieg, engt seine Gedanken auf das Spiel ein und plant Sieg und Niederlage im Kopf minutiös durch. Jegliche Trivialitäten werden zu wichtigen Fakten. Michael Weiner, der Schiedsrichter des Finales, zum Glücksbringer für den FCN (die wichtigen Siege unter ihm sind auffällig), der AC Mailand, der in weiß am Mittwoch siegte, zum Vorbild und die Tatsache, dass erst ein Team, das Double holen konnte, das in der Woche zuvor Meister wurde (Bayern 1985/86), zum Hoffnungsträger.

Letztlich sind wir jedoch tatsächlich hilflose Geschöpfe, die auf der Tribüne des Olympiastadion, vor den Leinwänden auf den Plätzen und auf den Sofas vor den Fernsehern sitzen, unsere allgemeine Stimmung ausgeliefert zweiundzwanzig bis achtundzwanzig mehr oder weniger jungen Männern und dem Zufall. Mehr als hoffen bleibt uns nicht, außer der Gewissheit das eigene Team tatsächlich in einem Finale erlebt zu haben. Jene Gewissheit führt bei mir zu einem ganz eigenen Art des historischen Bewusstseins. So wie man sich vor Abitur-, Führerschein- und Examensprüfungen bewusst werden kann, dass die Ergebnisse Teil der eigenen Identität werden, Teil der eigenen Geschichte, also einen Moment der eigenen Geschichtsschreibung darstellen, so reist man zu einem Pokalfinale mit dem Bewusstsein, dass es keine einfach Randnotiz in der Geschichte des Fußballs sein sein. Im Gegensatz zu einem Bundesligaspiel, vor dem keiner weiß, ob am Ende ein historischer Sieg oder ein langweiliges 0:0 steht, ob das Spiel ob seiner Kraft in das kollektive Fußballgedächtnis der Nation eingehen wird, weiß man, dass ein Pokalfinale sich in den Büchern wiederfinden wird und in den Gedächtnissen beider Fangruppen, auch wenn der in den Gedächtnissen anderer Anhänger sich schon "already written" ist.

Ticker: Temporär neues Design-Template des Blogs, da ich des Grüns überdrüssig geworden bin, ein individuelles Design werd ich mir in meiner freien Zeit wohl aneignen ... Das Wichtigste zu Beginn ... Scharping ist dieser Tage mal wieder ein armer Hund ... "Rags to riches" per Gerichtsbeschluss ... der Hitler-Blog findet einfach immer wieder Köstlichkeiten ... Für Joschi passend zum 30. Star-Wars-Geburtstag ... FCN-Huldigung bei SPIEGEL-Online ... Muss man sich noch wundern? ... die beste Analyse des CL-Finales ... natürlich neben meiner ... die ist aber auch net schlecht ... alle Teilnehmer an den Europapokalen auf einen Blick (ständig aktualisiert, gelb heißt Saison beendet, grün Saison läuft noch und blau Liga-Saison beendet, aber Pokalfinale kommt noch) ... Darth Vader war ein schwuler Fernsehkoch?

Donnerstag, April 19, 2007

Wie ich einmal fast Hertha-Fan wurde ...

Die Gedanken an Berlin und das Pokalfinale haben auf verworrenen Wegen eine vergrabene Erinnerung hervorgeholt. Die Geschichte spielt vor 1988 und natürlich sind Erinnerungen an die Zeit vor dem sechsten Geburtstag alles andere als zuverlässig. Allerdings sind sie bei meinen Eltern, die ich im Vorfeld dieses Eintrags gelöchert habe auch nicht zuverlässiger. Zusätzlich glauben meine Eltern jetzt wahrscheinlich endgültig, dass ich einen Hau habe. Welcher normale Mensch ruft seine Mutter schon nachts um halb elf an um zu fragen, wann er Windpocken hatte. Keiner von uns kann sicher sagen, welche der Berliner Wohnungen und welches Jahr es waren, was folgt ist also eine Rekonstruktion. Wie alle Rekonstruktionen kann sie das Original nicht in ihrer ganzen Pracht widerspiegeln. Aber die zentrale Erinnerung ist da: Die an meine Windpocken. Die Windpocken, die verhinderten, dass ich Hertha-Fan wurde.

Wie die meisten wissen bin ich gebürtiger Berliner, Neuköllner um genau zu sein. Ein Makel, der mich seit jeher dazu veranlasst mein bayerisches Blut überzubetonen, manchmal zum Unbill der fränkischen Umgebung. Um die bayerischen Wurzeln nicht zu vergessen (und damit meine Eltern auch mal ihre Ruhe hatten), wurde ich oft zu meinen Großmüttern geschickt. Bei der Mutter meiner Mutter war ich stets unzertrennlich mit meiner um genau ein Jahr älteren Cousine unterwegs. Daher waren wir alle sehr verwundert, dass ich -zurück in Berlin - am Ende der Inkubationszeit der Windpocken noch immer keine Anzeichen einer Ansteckung zeigte.
Mein Vater arbeitete zu diesem Zeitpunkt im Kreuzberger Urbankrankenhaus mit Professor Weigert zusammen. Professor Weigert war damals Mannschaftsarzt von Hertha BSC.* Man sollte vielleicht dazu sagen, dass dies keineswegs eine glorreiche Tätigkeit in den späten 80ern war. Hertha spielte nie in der ersten Liga, krebste 1987 und 1988 sogar in der Oberliga Berlin herum und war zu diesem Zeitpunkt nur Nummer zwei in Berlin hinter den Emporkömmlingen von Blau Weiß 90 Berlin. Dem Wiederaufstieg in die zweite Liga folgte ein kurzes Gastspiel in Liga 1 und zwischen 1991 und 1997 eine durchgehende Mitgliedschaft in der zweiten Bundesliga. Erst seit zehn Jahren spielt Hertha wieder erstklassig, wenn auch nicht immer erstklassigen Fußball. Zu Oberligazeiten spielte man nicht einmal im Olympiastadion, sondern im völlig sanierungsbedürftigen Poststadion. In der Saison, in der meine Geschichte spielt, da spielte man allerdings noch in jenem überdimensionierten Olympiastadion, es war jene fatale Abstiegssaison 1985/86.
Mein Vater war von Professor Weigert gefragt worden, ob er ihn für ein Spiel als Mannschaftsarzt der Hertha vertreten könne. Papa, fußballbegeistert, wenn auch nicht in dem verrückten Maße wie sein Sohn jetzt, sagte natürlich zu, allerdings unter der Bedingung, dass ich mit auf der Bank Platz nehmen dürfte. Für die Hertha-Verantwortlichen und den damaligen Trainer Rudi Gutendorf, er war nur vier Monate bei Hertha, war dies kein Problem. Kleine Kinder haben bei Profis oftmals den Ruf als Glücksbringer. Der geneigte Leser wird sich schon vorstellen können, welche Richtung die Geschichte einschlagen wird. Natürlich brachen die Windpocken wenige Tage vor dem Spiel aus. Mein Trip auf die Hertha-Bank war damit natürlich gestorben, schließlich konnte man bei der Hertha - sowieso schon auf einem Abstiegsplatz stehend - es nicht riskieren, dass in der Mannschaft auch noch die Windpocken ausbrachen. Mein Vater wollte aber ohne mich nicht auf die Bank, wahrscheinlich hatte er überhaupt nur zugesagt, um mir etwas zu bieten. So bekam ein anderer Kollege - ich meine es war derjenige, der mit den Wasserfreunden Spandau ständig Deutscher Wasserballmeister wurde - den Auftrag. Hertha verlor mit 0:2, beim nächsten Heimspiel gegen Blau-Weiß 90 saß Professor Weigert wieder auf der Bank. Mein Vater und ich nahmen die Mannschaftsarzt/Maskottchen-Routine erst sehr viel später auf. 1992 beim EHC 80 Nürnberg in der zweiten Eishockeybundesliga.

Man stelle sich aber vor, die Windpocken wären ausgeblieben, ich wäre durch die Katakomben des Olympiastadions gezogen, Andy Köpke, Gregor Grillemeier und Dirk Lellek hätten mir den Kopf getätschelt, mich gefragt wie alt ich bin, ich hätte süß mit drei und einem verkrümmten Finger angedeutet, dass ich "fast vier" bin. Von der Bank aus hätte ich das völlig leere Olympiastadion betrachtet und wäre vielleicht in der Sportreportage zu sehen gewesen, weil ich voller Bewegungsdrang die Tartanbahn auf und ab gelaufen wäre, vielleicht sogar mit dem süffisanten Kommentar von Günther-Peter Ploog, dass ich der einzige Berliner an diesem Tage gewesen wäre, der eine ansprechende Laufleistung gezeigt hätte. Wer weiß, vielleicht hätte die Hertha das Spiel dank der Kleinkind-Motivation ja sogar anders bestritten. Egal wie,
die Eindrücke hätten mich mein Leben lang geprägt.
Jeder weiß, wie seltsam die fußballerische Prägung funktioniert, ich kann mir nicht vorstellen, dass ich meinen Vater nach so einem Erlebnis nicht ständig gelöchert hätte wieder zur Hertha zu gehen. Egal, ob als Mannschaftsarzt oder regulärer Besucher. Papa hätte das sicherlich versucht, auch wenn es sicherlich bessere Nachmittagsbeschäftigungen gegeben hätte als der Hertha Ende der 80er zuzusehen. Mein erster Lieblingsspieler wäre nicht Olaf Thon geworden, sondern Thorsten Schlumberger - meine Vorliebe für kleine Spieler wird nicht sonderlich überraschen - und meine Affinität zum 1. FC Nürnberg hätte sich nie entwickeln können, weil in meinem Herzen sich bereits eine Alte Dame breit gemacht hätte. Hans Meyer und Andy Köpke, Tony Sanneh und Kai Michalke wären mir trotzdem als Fan begegnet, aber "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin" hätte für mich immer einen anderen Klang gehabt. Fußballerische Heimat, nicht Ziel.

*Hätte diese Geschichte ein aus seiner Sicht "gutes Ende" genommen, hätte mich Greidie auch nicht daran erinnern müssen, dass Hertha BSC Berlin natürlich falsch als Vereinsbezeichnung ist.

Mittwoch, April 18, 2007

Finale ...

Aaalso. Chievo-Trikot + Jungs getroffen + Club-Magazin gekauft -> 4:0-Sieg. Die objektive Einschätzung findet sich hier. Subjektiv gibt's nicht mehr zu sagen als GEIL!

Komisch aber wie so ein Fußballfanhirn funktioniert, ich werde jetzt sicher nicht ins Bett gehen und über den schönen Erfolg nachdenken und von vier Traumtoren träumen, sondern darüber nachdenken, wer denn jetzt im anderen Halbfinale gewinnen soll, wie ich an Karten komme (auf Deutsch wie ich Annettes Vater davon überzeuge, dass er mir seine zweite Karte gibt oder wie ich das Losverfahren manipuliere *g*). Mein erster Gedanke bei Abpfiff war nicht "Gewonnen", sondern "Etz bloß net in Berlin verlieren". Die Zeilen, dass ein Aus im Halbfinale das schlimmste wäre, lesen sich jetzt nur noch wie blanker Hohn und ich kann mir nichts schlimmeres vorstellen als das Finale zu verlieren. Jetzt muss dieser Pott her, dieses goldene Ding mit den hässlichen grünen Steinen.

Montag, April 16, 2007

Aberglaube und Analysen

Nachdem das Eintrag verfassen vor dem letzten "wichtigen" Spiel so gut funktioniert hat, muss ich das natürlich wieder machen. Fußballfans sind halt abergläubisch, wahrscheinlich sind nur Fußballer abergläubischer. Jener Aberglaube bringt mich eh in ein Dilemma. Bis Samstag waren die Heimspieltag ordentlich strukturiert: Chievo-Trikot als unterste Schicht, am Bratwurststand im Schöller-S "a Bärla" bestellen und bis zum Durchschreiten der Stadiontore aufgegessen haben. Dann Club-Magazin kaufen, ab zum Bierstand unter'm 8er-Block und mit Benni, Andi und Reinhard anstoßen mit was alkoholischem (wahlweise Bier oder Glühwein). Kein Spiel in der Kombination verloren. Aus Angst, dass das jetzt kurz vor dem wichtigsten Spiel seit Jahrzehnten seine Wirkung verliert, hab ich am Samstag auf fast alles verzichtet, kein gelbes Trikot drunter (gut so, hätte auch geschwitzt), kein Bratwurstweggla (hätt mein Magen eh nicht vertragen) und Coke-Zero bestellt (wohl auch das wegen des Magens). Jetzt ist natürlich die Frage, was tun heute Abend? Chievo-Trikot? Ja oder Nein? Wohl ja, schließlich extra noch gewaschen. Bratwurstsemmel und Bier? Kommt auf den Magen drauf an, tendenziell aber eher nein. Vielleicht zerstört aber auch das über den Aberglauben reden die Magie, von daher bitte vergessen, dass ihr das gelesen habt.

Mein letzter Prä-Spiel-Eintrag hatte etwas von "Don't believe the hype". Der heutige taugt dazu weniger, eine gewisse Nervosität beschleicht mich so knapp 20 Stunden vor Anpfiff. Das Spiel kann durchaus als "wichtigstes Spiel der jüngeren Vereinsgeschichte" firmieren, außerdem ist im Halbfinale ausscheiden das schmerzlichste Ausscheiden, das möglich ist, so kurz vor dem Finale, sich durch alles durchgewurschtelt und gekämpft und dann gescheitert? Wie weh das tut weiß ganz Deutschland seit dem 4.7.2006. Es wird schwer, es wird u.U. 120 Minuten und mehr dauern, alles egal, wenn am Ende des Kampfs Berlin wartet (ups, noch ne Parallele *g*). Man zieht sich ja vor so nem Spiel an allem hoch, was man finden kann, will irgendwo den Baustein finden, der zeigt, dass eigentlich schon feststeht, dass man gewinnt. Die Heimstärke wäre so was, dieses Kalenderjahr zu Hause noch nicht verloren, in 14 Monaten nur einmal unter Hans Meyer nur drei Mal, Schiri Fandel ist wohl ein Heimschiri (61% seiner Spiele sind Heimsiege, der Ligaschnitt liegt bei 43%), aber genau der pfiff unser Ausscheiden gegen Frankfurt letzte Saison. Und der letzte Sieg gegen Frankfurt ist auch schon ne Zeit her (17.5.91), der letzte Heimsieg noch länger (14.3.1987). Aber vorm letzten Pokalsieg wartete auch die Eintracht im Halbfinale. So sieht's im Hirn eines Fans wohl immer vor wichtigen Spielen aus, aber ich kann mich für mich an kein so wichtiges in meinem Kopf erinnern. Gott sei Dank lenkt mich die Parteientheorie von Zeit zu Zeit ab.

Montag, April 09, 2007

Klasnic, Karma, Konzentration

Nach langer examensbedingter Pause mal wieder ein Eintrag hier. Lange hab ich mich gefragt, ob ich mich tatsächlich über Ivan Klasnic lustig machen darf. Der arme Kerl hat zwei Nierentransplantationen hinter sich und will sich nur bei den Fans für deren Unterstützung bedanken, trotzdem hätte das Ding noch jemand Korrektur lesen können, bevor es vor über vierzigtausend Leuten präsentiert wird. Zyniker würden jetzt sagen, dass das "das" den meisten Fußballfans eh nicht als Fehler auffällt, aber derart unreflektiert darf man natürlich nicht an die Sache rangehen. *g*

Irgendwie fast bezeichnend für das Spiel das auf die Aktion folgte, das Bemühen war erkennbar, nur an der Umsetzung haperte es im entscheidenden Moment. Bin immer noch unschlüssig, ob man den Bremer Sieg wirklich als "verdient" oder nur als "nicht unverdient" bezeichnen kann. Defensiv war das vom Club nämlich mit wenigen Ausnahmen nach der Umstellung auf die Erfolgsinnenverteidigung wirklich gut anzusehen und das Tor entsteht aus dem, was ich tendenziell als Drecksflanke bezeichnen würde, also aus nem total verunglückten Ball und dann hat Bremen mit Pfosten und Glaubers Fuß zweimal Glück. Ärgerlich, aber gut, wenigstens keinen Boden auf Leverkusen verloren, allerdings hat das Karma auch unerbittlich zugeschlagen. Am Samstag sich noch "gefreut", dass Preuß im Pokalhalbfinale ausfällt und am Sonntag durch Vitteks Muskelbündelriss bitter bestraft worden und dass obwohl ich den ganzen Papstgottesdienst angeschaut hab (außer die zehn Minuten in denen ich geduscht hab).

Kleiner Tipp am Rande, wenn auf der FCN-Homepage steht, dass Kameraaufnahmen nicht erlaubt sind beim Training finden i.d.R. das 11 vs. 11 Trainingsspiel statt. Im Gegensatz zu sonstigem Training ist das einigermaßen interessant. Insgesamt ist beim Training des FCN eigentlich immer festzustellen, dass sehr viel auf Ballbesitz Wert gelegt wird, das gelingt im Spiel nicht immer so wie gegen Cottbus (78% Ballbesitz), aber meist ganz gut, immer gemäß des alten Klischees "Wenn wir den Ball haben, kann der Gegner kein Tor erzielen" (es sei denn Karim Haggui spielt mit). Da werden, v.a. von Jürgen Raab, selbst die Bälle gelobt, die im Stadion (und bei unserem Freund Thomas *g*) ein gellendes Pfeifkonzert erzeugen. Am kommenden Samstag wird's da wahrscheinlich auch drum gehen aus dem hohen Ballbesitzanteil der zu erwarten ist, möglichst viel zu machen. Konzentriert zu Werke gehen, eben.

Ticker: Sehr nette Spielerei, bei der auch Unsinn (der für mich zwei Kästen Bier bedeuten würde) rauskommen kann ... In der MLB werden am 15.4. sehr viele Spieler die Nummer 42 auf dem Rücken tragen. Nein, keine "Hitchhiker's Guide"-Anspielung, sondern eine Ehrung für Jackie Robinson ... Ist das echt soo schwer? ... Annette findet das sehr lustig ... Ich eher das hier, vor allem darunter die hier ... Einig sind wir uns hierbei ... Ein wenig Hochkultur ... Ohne zu politisch und platt zu werden, ich find das passend. Liegt auch daran, dass Heimatschutz bei mir irgendwie immer eher andere Konnotationen (voletztes Item) aufwirft ... Spätestens seit 1986 nichts neues ... April, April ... Zum Schluss ein guter Rat: Anschauen -> StudiVz-Gruppe beitreten.

Samstag, Februar 03, 2007

Ich nehme alles zurück ...

... und behaupte das Gegenteil.

Freitag, Februar 02, 2007

It's most wonderful time ...

... of the year. Nicht Weihnachtszeit, sondern Derbyzeit. Für viele, nicht für mich. Derby ist für mich irgendwie Pflichtübung, das einzige Spiel, bei dem ich ernsthaft überlege zu Hause zu bleiben. Die Atmosphäre, die immer am Rande des Überkochens sich bewegt, ist dermaßen angespannt, dass sie selbst völlig ruhige Gemüter zum Bersten bringt. Ich erinnere mich an das erste Derby nach dem Wiederaufstieg als sich selbst meine Mutter zu einer Tirade gegen Michael Ballack hinreißen ließ. Nichts gegen Emotionen im Fußballstadien, ohne sie würde das Spiel sich oft nicht lohnen, aber beim Derby kocht mir zu viel Aggression mit.

Mag sein, dass es auch daran liegt, dass der FC Bayern für mich, im Gegensatz zu vielen anderen Club-Fans, kein großes Feindbild ist. In der ganzen erweiterten Familie ist (neben meinem Bruder natürlich) noch eine angeheiratete Tante Club-Fan, der Rest sind "Bazis". So löst der Anblick meines neun-jährigen Cousins, der in Bayern-Tracht den Bayern-Adventskalender leert, auch keine Missionargefühle aus. Hab auch keine Probleme im internationalen Geschäft aus aritmetischem Patriotismus den Roten die Daumen zu drücken, selbst bei einem Meisterschaftsduell zwischen Bayern und Schalke wüsste ich nicht, ob mir nicht die Bayern am Ende sympathischer sind als die Zombie-Mannschaft des FC Schalke, für die ich auf Grund fehlender Frühsozialisation in Sachen Club auch keine freundschaftlichen Gefühle empfinde.

Mag auch sein, dass für mich das Ergebnis stets schon vorgezeichnet erscheint. Einen Club-Sieg gegen Bayern hab ich noch nie im Stadion gesehen, egal ob in München oder Nürnberg. Besonders tragisch, da meine Bilanz in München sonst aus Bayern-Sicht so missraten ist (hab jenseits der Club-Spiele erst einen Bayern-Sieg in München gesehen, so dass man mir von Seiten militanter Club-Fans schon angedroht hat eine Bayern-Dauerkarte zu schenken), dass es fast unmöglich erscheint, dass ich dort nur FCN-Niederlagen gesehen hab. Bezeichnend, dass die beiden letzten Unentschieden in München dann auch zustande kamen, als ich nicht im Stadion war. Immerhin erleichtern mich diese Erfahrungen um die Erwartungshaltung. Alles andere als eine Niederlage wäre (auch ob der Umstände des Trainerwechsels in München) eine riesige Überraschung.

Mag des Weiteren sein, dass das Spiel dieses Jahr für den FCN nicht Teil des Abstiegskampfs zu sein scheint und so auch nicht Teil eines Existenzsicherungsplans. Man braucht die Punkte aus dem Spiel nicht dringend, gerät nicht unter Druck, wenn man verliert, muss nicht gewinnen. Der sportliche Wert beschränkt sich auf eine Leistungsbemessung, inwieweit sich die bayerischen Erstligisten aneinander angenähert haben. Sicher, die Medien werden ihren Spaß am Duell Meyer/Hitzfeld haben, doch wirklich wichtig ist das alles nicht. Mehr als ein Routineausflug ist es obendrein für kaum einen Spieler mehr (außer wahrscheinlich Andi Wolf), aber das ist ja schon seit Jahren so.

Dass ich also trotzdem geh, hat eigentlich nur einen Grund.

Ticker: Ooooookay ... korrekt, korrekter, Heynckes? ... Mit hundert sollte man einfach nicht mehr arbeiten ... Irgendwie hab ich mir interaktives Fernsehen anders vorgestellt ... Der Hitler-Blog findet eben doch immer wieder interessante Dinge ... Neue Kolumne im MAG wie jeden Freitag ... Selbst die Website der UEFA berichtet über den Demissions-Hattrick in der Bundesliga ... Irgendwie komm ich nicht ins Handballfieber, auch wenn's selbst die Tagesschau-Redaktion angesteckt hat ... Berlusconi ist sich für nix zu schade ... Mal wieder ein richtig häßliches Trikot ... Annette meint, er habe ein Teddy-Bär-Gesicht (btw, das Ausweichtrikot ist IMO sehr schön, gelb statt weiß und man hätte sogar die Stadtfarben) ... Darauf hätte ich am Dienstag verzichtet ... Irgendwie seltsam zu sehen, dass sich auch Seriensieger so überschwänglich freuen können ... Ach ja, unter den günstigst-möglichen Umständen wird das meine Seminarschule.

Freitag, Januar 26, 2007

Anstelle eines Eintrags

Für einen kompletten Artikel reicht meine Gedankenkoheränz irgendwie nicht aus, also gibt es heute eine Sammlung, die man am besten als "Random thoughts" bezeichnen könnte ... Platini ist neuer UEFA-Chef, meine Meinung dazu gibt's hier ... Annette hat dieses Buch entdeckt, man achte auf Titel, Veröffentlichungsdatum und Nachfolgeband ... Dieser FAZ-Artikel lässt einen schon heftig daran zweifeln, dass im englischen Fußball irgendwo etwas finanziell nicht möglich ist ... Pünktlich zum Ende der Winterpause ist der Winter da ... Hervorragender Blog für Freunde von Trikots und Sportoutfits ... Das geht wohl wirklich etwas weit ... Seltsame Kombination: Die FAZ bringt Oliver Kahn und den Pianisten Lang Lang zusammen ... Unglaubliche Geschichte aus Holland ... Deutsche Kinos rebellieren gegen den Filmverleiher FOX ... Völlig neue Variante von "Bauer sucht Frau" ... Das hätten sich die Forscher aber auch denken können ... Nach diesen Ereignissen fordere ich verschärfte Eingangskontrollen, weltweite Stadionverbote und ein Verbot von Auswärtsfans bei sämtlichen Tennis-Turnieren ... Leider nicht lustig ... In Vermont gibt's jetzt auch Sauerstoffmasken für Haustiere ... Find nix im Netz dazu, aber Warren Beatty bei den Golden Globes war richtig peinlich als er einen auf Borat machte ... Gibt keinen cooleren Torwart als Jeremie Janot von St. Etienne, oder? ... Wobei Torwart-Trikots ja schon immer eher zum extravaganten neigten ... Wobei es auch genug Feldspielertrikots gibt, die furchtbar aussahen ... Wer ne extensive Halbzeitbilanz will, der kann natürlich sich den kicker kaufen oder aber hier nachlesen (Glubb und Bayer sind von mir) ... heut abend geht's weiter, eröffnet wird die Rückrunde wie schon die Hinrunde mit Bayern (Post-Basti) gegen Dortmund (Post-Berti) auf dem Ersten, spricht irgendwie auch nicht für den deutschen Fußball, wenn man nur einen Verein hat, der immer Zuschauer zieht ... Der Teufel in Person wird ab Rückrundenstart Werbung auf den Schalke-Trikots machen, Imagekampagne nennt sich das dann wohl ... Bremen plant einen Umbau des Stadions ... und Nürnberg? Wird hoffentlich eine ganz langweilige Rückrunde.

Sonntag, Januar 21, 2007

Edi und Basti

Ein Artikel über das gestrige Testspiel des FCN wäre tendenziell eher langweilig, auch wenn es tatsächlich einige Erkenntnisse gibt, wie die Tatsache, dass da mit Gresko und Spiranovic tatsächlich zwei ordentlich Druck auf die Stammelf machen. Also gibt es heute einen Artikel, den ich am Freitag bereits im MAG veröffentlicht habe (wie üblich in solchen Fällen ohne Zwischenüberschriften).

Edi und Basti



In München wird in diesen stürmischen Tagen fleißig Abschied genommen, von Sebastian Deisler sofort, von Edmund Stoiber etwas später. Nun hat Letzterer eigentlich wenig in einer Fußballkolumne zu suchen. Das gilt trotz seiner verunglückten Fußballversuche – man erinnere sich an den peinlichen Wahlkampfauftritt, bei dem er statt einer Torwand eine Frau traf, oder an den einmaligen Auftritt als Radiokommentator und den Vorsitz im Verwaltungsbeirat des FC Bayern. Doch wer zynisch ist, mag dies auch über Sebastian Deisler behaupten, der doch die meiste Zeit seiner Karriere als Patient und nicht als Fußballer verbracht hat. Doch die beiden verbindet mehr als der Rücktritt in derselben Woche.

Bei aller Kritik, die man beiden aus unterschiedlichen Gründen zuwenden kann – einem politisch roten Sechz’ger würden sicher genug Gründe für beide einfallen – so muss man wohl erkennen, dass beide außerordentliche Begabungen für ihren Beruf mitbrachten. Stoibers Akribie im Umgang mit Akten lässt sich durchaus als parallele Anlage zu Deislers technischen Fähigkeiten sehen. Beide hatten allerdings auch entscheidende Nachteile für jemanden ihres Berufsstands, so sind weder ein anfälliger Körper für einen Fußballer, noch fehlendes rhetorisches Talent für einen Politiker hilfreich.

Dennoch galten sowohl Stoiber als auch Deisler früh als Begabte ihres Faches. Stoiber schloss sein juristisches Examen mit Prädikat ab und war kurz darauf bereits persönlicher Berater eines Staatsministers. Bei Deisler stand ebenso früh fest, dass er zu den talentiertesten Fußballern seiner Generation zählte. Mit nur einem Tor spielte er sich ins Rampenlicht, und schnell ruhten die Hoffnungen (Fußball-)Deutschlands auf seinen Schultern. Sein Spitzname „Basti Fantasti“ war allerdings nicht von derselben Schärfe wie der des „blonden Fallbeils“ Stoiber.

Ließen sich derartige Gemeinsamkeiten noch für viele Politiker und Fußballer konstruieren, so enden die Gemeinsamkeiten jedoch nicht. 2002 waren beide dann bereit für die große Bühne, Stoiber wollte Deutschland als Kanzler dienen, Deisler als Mittelfeldmotor. Für beide sah es gut aus, Stoiber führte in den Umfragen, Deisler landete im Aufgebot für die WM. Doch kurz vor dem Ziel spielte ihnen das Schicksal einen Streich, die Flut schwemmte Stoiber vom sicher geglaubten Kanzlerposten, eine schwere Knieverletzung im letzten Test vor der WM verhinderte Deislers WM-Teilnahme.

Beide kamen nach den Ereignissen von 2002 nach München. Stoiber kehrte dorthin zurück, fand eine Partei und eine Fraktion vor, die ihn trugen und schützten und wurde von einer großen Mehrheit des Bayern-Volkes im Zuge der Wahl 2003 gefeiert. Auch Deisler kam 2002 nach München, wenngleich auch nicht zurück, fand dort ein sorgendes, verständnisvolles Umfeld, das ihn in seiner Verletzungszeit trug und schützte, das ihn selbst nach schweren Schlägen nicht fallen ließ.

Für beide stellt obendrein Berlin eine Art Waterloo ihrer Karriere dar. Für beide zeigte der Karriereweg nach einer Episode in Berlin nach unten. Stoibers Versuch, sich 2005 als Superminister in Berlin zu etablieren, scheiterte, nicht zuletzt deshalb weil seine bisweilen zauderhafte Persönlichkeit ihn dazu veranlasste. Er kam wieder nach München, wo ihm sein Berlin-Versuch zum Verhängnis wurde und ihn letztlich zu Fall brachte und wo nun seine Karriere endet. Deisler zerbrach, so kann man seine Aussagen interpretieren, am Druck, der in Berlin auf seinen Schultern lastete. Seine Persönlichkeit war nicht dafür geschaffen, die Last des Hoffnungsträgers der Hertha zu spielen. Er wechselte nach München, wo seine Karriere nun endet, nicht zuletzt, weil er durch seine Zeit in Berlin angeschlagen war.

Nun ist für beide der Weg zu Ende, und genau wie Uli Hoeneß bis zum Sommer einen „Nachfolger“ finden will und sogar über einen Blitztransfer nachdenken soll, muss die CSU-Spitze bis zum Sommer einen Nachfolger für Stoiber finden. Den meisten Parteigenossen wäre auch hier ein Blitztransfer am liebsten.



Donnerstag, Januar 04, 2007

Haarige Angelegenheit

In Fußball-Nürnberg ist es so ruhig zum Jahreswechsel wie schon lange nicht mehr (sieht man mal davon ab, dass der Captain's Curse wohl wieder zuschlagen wird), man bereitet sich in aller Gelassenheit auf das Hallenturnier vor (verliert da dann 1:7 gegen Fürth) , fliegt dann nach Spanien und testet bis zum Bundesligastart gegen einige Teams aus dem benachbarten Ausland. Keinerlei Aufgeregtheiten im Umfeld, keine möglichen Trainerentlassungen, Kopfschussdrohungen oder Lepra-Äußerungen, keine Panik-Neuverpflichtungen, nicht mal ein blamables Pokalaus (Auslosung des Viertelfinales ist übrigens am Sonntagnachmittag im ZDF, vorgenommen durch Oliver Bierhoff). So musste der Nürnberger Boulevard schon die Ehe-Krise des Nürnberger Managers zum Thema machen, um überhaupt, was zum Schreiben zu haben.

Damit ich mich nicht ähnlichen Dingen hingebe, die auch keine Schlagzeilen sind, wie die Tatsache, dass Theo Zwanziger die Zahl der Spieler pro Mannschaft im Amateurbereich verringern will, dass Raphael Schäfer und nicht Andi Wolf oder Joe Mnari von den FCN-Fans zum Spieler der Hinrunde gewählt wurde, oder dass der kicker extra erwähnen muss, warum Marek Mintal nicht in der Liste der besten offensiven Mittelfeldspieler der Hinrunde steht, zu dem großen Thema der Bundesliga des Jahres '07: Bärte. Gesichtsbehaarung. Rotzbremsen. Pornobalken.

Als bekennender Bartträger sehe ich es mit großer Sorge, dass kaum ein Spieler mehr sich offen zum Barttragen bekennt. Ja, der Bart in Deutschland hat harte Zeiten hinter sich, aber die Zeit der Stigmatisierung ist lang vorbei und es war auch nicht immer so. Bis in die frühen 90er Jahre war es noch so, dass die Spieler noch häufig mit Gesichtsbehaarung antraten und somit auch für eine erkennbare Eigennote standen. Heute finden sich in der Bundesliga kaum Spieler mehr, die einen Bart tragen (Kevin Kuranyis oder Ivica Banovics Bart kann man wohl kaum als solchen werten, da sie eher aussehen wie Ausrutscher mit dem Kajalstift).

Mit Lizarazu und Cantaluppi verließen am Ende der Saison wieder offene Verfechter des Barts die Liga. Ihre Zahl schrumpft scheinbar seit der Typ des aalglatten Profis gefragt ist immer mehr. Dabei zeigen doch die Herren Breitner, Batista und Gattuso doch, dass man mit Bart sogar höchste Weihen erreichen kann. Noch in der Saison 92/93 waren 82 Profis auf dem Mannschaftsbild als Bartträger eindeutig zu identifizieren (viele davon mit dem heute völlig aus der Mode gekommenen Polizistenbärtchen), heute dagegen sind es mit etwas Wohlwollen 12 Profis (Deisler, Owomoyela, K. Jensen, Barbarez, Samba, Neuendorf, Pienaar, Cacau, Gabriel, Böhme, Sarpei, Kioyo) plus einige häufiger unrasierte, wie Kyrgiakos oder Amanatidis. Das Bild eines bärtigen Spielers ist sogar so unbekannt geworden, dass Metzelders Play-Off-Bart zu einem "News-Item" wurde.

Überhaupt, der Play-Off-Bart, was für eine wunderbare Erfindung, eine ganze Website, auf der auch eine Chuck Norris-Trophäe für den besten NHL-Play-Off-Bart der Saison verliehen wird, ist ihm gewidmet. Man stelle sich vor, die gesamte Mannschaft von Werder Bremen würde sich bis zum Erringen des Meistertitels Bärte wachsen lassen, muss ja nicht gleich ein Rauschebart sein. Tim Wieses Gebrauchtwagenhändlerfrisur wäre plötzlich durch einen wunderbaren Schnauzer vervollständigt, Frings sähe aus wie ein Yeti und Klose und Borowski wären ihre Bubi-Gesichter los, Mertesacker nicht, bei ihm hätte sich bis Mai nur leichter Flaum gebildet. Leider nur ein Wunschtraum, der letzte, der das mit dem Meisterschaftsbart duchgezogen hat, war, soweit ich mich entsinnen kann, Oliver Kreuzer, lang ist's her.

Immer wieder wird das Thema aufgegriffen, sei es durch den genialen Javier Marias oder durch das Magazin RUND, aber es muss mehr passieren als nur punktuelle Aufmerksamkeit. Zur Rettung des Barts im Sport, beantrage ich analog zur vorgeschlagenen "Ausländerbeschränkung" eine "Babypopogesichtsbeschränkung", ob man hier nun eine 6+5 Regelung zur Rettung des Sportler-Barts anstrebt oder eine "local beard"-Regelung, wonach mindestens vier Spieler im Team sein müssen, die ihre Bärte schon seit den Jugendmannschaften tragen, muss sicher erst noch erarbeitet werden, aber es muss etwas passieren. Die Regelung würde nicht nur die Probleme des Image-Problems des Barts ("Rasier dich, dann bekommst du Arbeit!") angreifen, sondern auch die Chancen für interkulturellen Dialog durch eine höhere Anzahl islamischer Spieler in der Bundesliga erhöhen. Und vielleicht würde ja der ein oder andere gestandene Profi sich auch zu einem Bart durchringen können.

In diesem Sinne "Lasst den Rasierer mal liegen".
Euer
Flo

Mit herzlichem Dank an "the very own beardmaster" DeBruehe für die Fotomontagen, der auch Bartmuffeln Gesichtshaare verpassen kann.

Update von der Bartfront: Harter Schlag für die Bartfraktion: Bremens Owomoyela hat sich wie hier zu sehen ist, von seinem Bart (und seinen Haaren) getrennt und auch Sebastian Deisler ist kein Bundesligaprofi mehr.