Sonntag, Januar 21, 2007

Edi und Basti

Ein Artikel über das gestrige Testspiel des FCN wäre tendenziell eher langweilig, auch wenn es tatsächlich einige Erkenntnisse gibt, wie die Tatsache, dass da mit Gresko und Spiranovic tatsächlich zwei ordentlich Druck auf die Stammelf machen. Also gibt es heute einen Artikel, den ich am Freitag bereits im MAG veröffentlicht habe (wie üblich in solchen Fällen ohne Zwischenüberschriften).

Edi und Basti



In München wird in diesen stürmischen Tagen fleißig Abschied genommen, von Sebastian Deisler sofort, von Edmund Stoiber etwas später. Nun hat Letzterer eigentlich wenig in einer Fußballkolumne zu suchen. Das gilt trotz seiner verunglückten Fußballversuche – man erinnere sich an den peinlichen Wahlkampfauftritt, bei dem er statt einer Torwand eine Frau traf, oder an den einmaligen Auftritt als Radiokommentator und den Vorsitz im Verwaltungsbeirat des FC Bayern. Doch wer zynisch ist, mag dies auch über Sebastian Deisler behaupten, der doch die meiste Zeit seiner Karriere als Patient und nicht als Fußballer verbracht hat. Doch die beiden verbindet mehr als der Rücktritt in derselben Woche.

Bei aller Kritik, die man beiden aus unterschiedlichen Gründen zuwenden kann – einem politisch roten Sechz’ger würden sicher genug Gründe für beide einfallen – so muss man wohl erkennen, dass beide außerordentliche Begabungen für ihren Beruf mitbrachten. Stoibers Akribie im Umgang mit Akten lässt sich durchaus als parallele Anlage zu Deislers technischen Fähigkeiten sehen. Beide hatten allerdings auch entscheidende Nachteile für jemanden ihres Berufsstands, so sind weder ein anfälliger Körper für einen Fußballer, noch fehlendes rhetorisches Talent für einen Politiker hilfreich.

Dennoch galten sowohl Stoiber als auch Deisler früh als Begabte ihres Faches. Stoiber schloss sein juristisches Examen mit Prädikat ab und war kurz darauf bereits persönlicher Berater eines Staatsministers. Bei Deisler stand ebenso früh fest, dass er zu den talentiertesten Fußballern seiner Generation zählte. Mit nur einem Tor spielte er sich ins Rampenlicht, und schnell ruhten die Hoffnungen (Fußball-)Deutschlands auf seinen Schultern. Sein Spitzname „Basti Fantasti“ war allerdings nicht von derselben Schärfe wie der des „blonden Fallbeils“ Stoiber.

Ließen sich derartige Gemeinsamkeiten noch für viele Politiker und Fußballer konstruieren, so enden die Gemeinsamkeiten jedoch nicht. 2002 waren beide dann bereit für die große Bühne, Stoiber wollte Deutschland als Kanzler dienen, Deisler als Mittelfeldmotor. Für beide sah es gut aus, Stoiber führte in den Umfragen, Deisler landete im Aufgebot für die WM. Doch kurz vor dem Ziel spielte ihnen das Schicksal einen Streich, die Flut schwemmte Stoiber vom sicher geglaubten Kanzlerposten, eine schwere Knieverletzung im letzten Test vor der WM verhinderte Deislers WM-Teilnahme.

Beide kamen nach den Ereignissen von 2002 nach München. Stoiber kehrte dorthin zurück, fand eine Partei und eine Fraktion vor, die ihn trugen und schützten und wurde von einer großen Mehrheit des Bayern-Volkes im Zuge der Wahl 2003 gefeiert. Auch Deisler kam 2002 nach München, wenngleich auch nicht zurück, fand dort ein sorgendes, verständnisvolles Umfeld, das ihn in seiner Verletzungszeit trug und schützte, das ihn selbst nach schweren Schlägen nicht fallen ließ.

Für beide stellt obendrein Berlin eine Art Waterloo ihrer Karriere dar. Für beide zeigte der Karriereweg nach einer Episode in Berlin nach unten. Stoibers Versuch, sich 2005 als Superminister in Berlin zu etablieren, scheiterte, nicht zuletzt deshalb weil seine bisweilen zauderhafte Persönlichkeit ihn dazu veranlasste. Er kam wieder nach München, wo ihm sein Berlin-Versuch zum Verhängnis wurde und ihn letztlich zu Fall brachte und wo nun seine Karriere endet. Deisler zerbrach, so kann man seine Aussagen interpretieren, am Druck, der in Berlin auf seinen Schultern lastete. Seine Persönlichkeit war nicht dafür geschaffen, die Last des Hoffnungsträgers der Hertha zu spielen. Er wechselte nach München, wo seine Karriere nun endet, nicht zuletzt, weil er durch seine Zeit in Berlin angeschlagen war.

Nun ist für beide der Weg zu Ende, und genau wie Uli Hoeneß bis zum Sommer einen „Nachfolger“ finden will und sogar über einen Blitztransfer nachdenken soll, muss die CSU-Spitze bis zum Sommer einen Nachfolger für Stoiber finden. Den meisten Parteigenossen wäre auch hier ein Blitztransfer am liebsten.