Freitag, Januar 26, 2007
Anstelle eines Eintrags
Sonntag, Januar 21, 2007
Edi und Basti
Edi und Basti
In München wird in diesen stürmischen Tagen fleißig Abschied genommen, von Sebastian Deisler sofort, von Edmund Stoiber etwas später. Nun hat Letzterer eigentlich wenig in einer Fußballkolumne zu suchen. Das gilt trotz seiner verunglückten Fußballversuche – man erinnere sich an den peinlichen Wahlkampfauftritt, bei dem er statt einer Torwand eine Frau traf, oder an den einmaligen Auftritt als Radiokommentator und den Vorsitz im Verwaltungsbeirat des FC Bayern. Doch wer zynisch ist, mag dies auch über Sebastian Deisler behaupten, der doch die meiste Zeit seiner Karriere als Patient und nicht als Fußballer verbracht hat. Doch die beiden verbindet mehr als der Rücktritt in derselben Woche.
Bei aller Kritik, die man beiden aus unterschiedlichen Gründen zuwenden kann – einem politisch roten Sechz’ger würden sicher genug Gründe für beide einfallen – so muss man wohl erkennen, dass beide außerordentliche Begabungen für ihren Beruf mitbrachten. Stoibers Akribie im Umgang mit Akten lässt sich durchaus als parallele Anlage zu Deislers technischen Fähigkeiten sehen. Beide hatten allerdings auch entscheidende Nachteile für jemanden ihres Berufsstands, so sind weder ein anfälliger Körper für einen Fußballer, noch fehlendes rhetorisches Talent für einen Politiker hilfreich.
Dennoch galten sowohl Stoiber als auch Deisler früh als Begabte ihres Faches. Stoiber schloss sein juristisches Examen mit Prädikat ab und war kurz darauf bereits persönlicher Berater eines Staatsministers. Bei Deisler stand ebenso früh fest, dass er zu den talentiertesten Fußballern seiner Generation zählte. Mit nur einem Tor spielte er sich ins Rampenlicht, und schnell ruhten die Hoffnungen (Fußball-)Deutschlands auf seinen Schultern. Sein Spitzname „Basti Fantasti“ war allerdings nicht von derselben Schärfe wie der des „blonden Fallbeils“ Stoiber.
Ließen sich derartige Gemeinsamkeiten noch für viele Politiker und Fußballer konstruieren, so enden die Gemeinsamkeiten jedoch nicht. 2002 waren beide dann bereit für die große Bühne, Stoiber wollte Deutschland als Kanzler dienen, Deisler als Mittelfeldmotor. Für beide sah es gut aus, Stoiber führte in den Umfragen, Deisler landete im Aufgebot für die WM. Doch kurz vor dem Ziel spielte ihnen das Schicksal einen Streich, die Flut schwemmte Stoiber vom sicher geglaubten Kanzlerposten, eine schwere Knieverletzung im letzten Test vor der WM verhinderte Deislers WM-Teilnahme.
Beide kamen nach den Ereignissen von 2002 nach München. Stoiber kehrte dorthin zurück, fand eine Partei und eine Fraktion vor, die ihn trugen und schützten und wurde von einer großen Mehrheit des Bayern-Volkes im Zuge der Wahl 2003 gefeiert. Auch Deisler kam 2002 nach München, wenngleich auch nicht zurück, fand dort ein sorgendes, verständnisvolles Umfeld, das ihn in seiner Verletzungszeit trug und schützte, das ihn selbst nach schweren Schlägen nicht fallen ließ.
Für beide stellt obendrein Berlin eine Art Waterloo ihrer Karriere dar. Für beide zeigte der Karriereweg nach einer Episode in Berlin nach unten. Stoibers Versuch, sich 2005 als Superminister in Berlin zu etablieren, scheiterte, nicht zuletzt deshalb weil seine bisweilen zauderhafte Persönlichkeit ihn dazu veranlasste. Er kam wieder nach München, wo ihm sein Berlin-Versuch zum Verhängnis wurde und ihn letztlich zu Fall brachte und wo nun seine Karriere endet. Deisler zerbrach, so kann man seine Aussagen interpretieren, am Druck, der in Berlin auf seinen Schultern lastete. Seine Persönlichkeit war nicht dafür geschaffen, die Last des Hoffnungsträgers der Hertha zu spielen. Er wechselte nach München, wo seine Karriere nun endet, nicht zuletzt, weil er durch seine Zeit in Berlin angeschlagen war.
Nun ist für beide der Weg zu Ende, und genau wie Uli Hoeneß bis zum Sommer einen „Nachfolger“ finden will und sogar über einen Blitztransfer nachdenken soll, muss die CSU-Spitze bis zum Sommer einen Nachfolger für Stoiber finden. Den meisten Parteigenossen wäre auch hier ein Blitztransfer am liebsten.
Donnerstag, Januar 04, 2007
Haarige Angelegenheit
Damit ich mich nicht ähnlichen Dingen hingebe, die auch keine Schlagzeilen sind, wie die Tatsache, dass Theo Zwanziger die Zahl der Spieler pro Mannschaft im Amateurbereich verringern will, dass Raphael Schäfer und nicht Andi Wolf oder Joe Mnari von den FCN-Fans zum Spieler der Hinrunde gewählt wurde, oder dass der kicker extra erwähnen muss, warum Marek Mintal nicht in der Liste der besten offensiven Mittelfeldspieler der Hinrunde steht, zu dem großen Thema der Bundesliga des Jahres '07: Bärte. Gesichtsbehaarung. Rotzbremsen. Pornobalken.
Als bekennender Bartträger sehe ich es mit großer Sorge, dass kaum ein Spieler mehr sich offen zum Barttragen bekennt. Ja, der Bart in Deutschland hat harte Zeiten hinter sich, aber die Zeit der Stigmatisierung ist lang vorbei und es war auch nicht immer so. Bis in die frühen 90er Jahre war es noch so, dass die Spieler noch häufig mit Gesichtsbehaarung antraten und somit auch für eine erkennbare Eigennote standen. Heute finden sich in der Bundesliga kaum Spieler mehr, die einen Bart tragen (Kevin Kuranyis oder Ivica Banovics Bart kann man wohl kaum als solchen werten, da sie eher aussehen wie Ausrutscher mit dem Kajalstift).
Mit Lizarazu und Cantaluppi verließen am Ende der Saison wieder offene Verfechter des Barts die Liga. Ihre Zahl schrumpft scheinbar seit der Typ des aalglatten Profis gefragt ist immer mehr. Dabei zeigen doch die Herren Breitner, Batista und Gattuso doch, dass man mit Bart sogar höchste Weihen erreichen kann. Noch in der Saison 92/93 waren 82 Profis auf dem Mannschaftsbild als Bartträger eindeutig zu identifizieren (viele davon mit dem heute völlig aus der Mode gekommenen Polizistenbärtchen), heute dagegen sind es mit etwas Wohlwollen 12 Profis (Deisler, Owomoyela, K. Jensen, Barbarez, Samba, Neuendorf, Pienaar, Cacau, Gabriel, Böhme, Sarpei, Kioyo) plus einige häufiger unrasierte, wie Kyrgiakos oder Amanatidis. Das Bild eines bärtigen Spielers ist sogar so unbekannt geworden, dass Metzelders Play-Off-Bart zu einem "News-Item" wurde.
Überhaupt, der Play-Off-Bart, was für eine wunderbare Erfindung, eine ganze Website, auf der auch eine Chuck Norris-Trophäe für den besten NHL-Play-Off-Bart der Saison verliehen wird, ist ihm gewidmet. Man stelle sich vor, die gesamte Mannschaft von Werder Bremen würde sich bis zum Erringen des Meistertitels Bärte wachsen lassen, muss ja nicht gleich ein Rauschebart sein. Tim Wieses Gebrauchtwagenhändlerfrisur wäre plötzlich durch einen wunderbaren Schnauzer vervollständigt, Frings sähe aus wie ein Yeti und Klose und Borowski wären ihre Bubi-Gesichter los, Mertesacker nicht, bei ihm hätte sich bis Mai nur leichter Flaum gebildet. Leider nur ein Wunschtraum, der letzte, der das mit dem Meisterschaftsbart duchgezogen hat, war, soweit ich mich entsinnen kann, Oliver Kreuzer, lang ist's her.
Immer wieder wird das Thema aufgegriffen, sei es durch den genialen Javier Marias oder durch das Magazin RUND, aber es muss mehr passieren als nur punktuelle Aufmerksamkeit. Zur Rettung des Barts im Sport, beantrage ich analog zur vorgeschlagenen "Ausländerbeschränkung" eine "Babypopogesichtsbeschränkung", ob man hier nun eine 6+5 Regelung zur Rettung des Sportler-Barts anstrebt oder eine "local beard"-Regelung, wonach mindestens vier Spieler im Team sein müssen, die ihre Bärte schon seit den Jugendmannschaften tragen, muss sicher erst noch erarbeitet werden, aber es muss etwas passieren. Die Regelung würde nicht nur die Probleme des Image-Problems des Barts ("Rasier dich, dann bekommst du Arbeit!") angreifen, sondern auch die Chancen für interkulturellen Dialog durch eine höhere Anzahl islamischer Spieler in der Bundesliga erhöhen. Und vielleicht würde ja der ein oder andere gestandene Profi sich auch zu einem Bart durchringen können.
In diesem Sinne "Lasst den Rasierer mal liegen".
Euer
Flo
Mit herzlichem Dank an "the very own beardmaster" DeBruehe für die Fotomontagen, der auch Bartmuffeln Gesichtshaare verpassen kann.
Update von der Bartfront: Harter Schlag für die Bartfraktion: Bremens Owomoyela hat sich wie hier zu sehen ist, von seinem Bart (und seinen Haaren) getrennt und auch Sebastian Deisler ist kein Bundesligaprofi mehr.